Weiterbildung ist wichtig – überall hört und liest man das. Digitalisierung und KI wirbeln die Arbeitswelt ordentlich durcheinander. Nach einem Studium oder einer Ausbildung ist das Lernen nicht vorbei. Lebenslanges Lernen ist das Motto heutzutage. On the Job sind wir oftmals stark eingebunden in Aufgaben und Termine – Neues zu lernen ist da nicht einfach.
Eine kleine Auszeit mit einer Weiterbildung kann da Abhilfe schaffen. Die Politik hat hierzu auch neuere Förderungen am Start. Zahlreiche Anbieter von Weiterbildungen konkurrieren um Ihre Gunst. Und lernen können Sie alles Erdenkliche. Aber es geht vielmehr um das Wie als das Was. Lassen Sie mich das erklären: Es macht einen großen Unterschied, ob man etwas einfach mal gehört hat, oder ob man auch in der Lage ist, das Gelernte im Job umzusetzen.
Mitreden und Machen sind zwei unterschiedliche Dinge!
Können Sie wirklich nach dem Ansehen eines Lernvideos die Dinge umsetzen, die Sie gehört beziehungsweise gesehen haben? Ist es am Ende im real life nicht doch deutlich komplizierter, als es uns das Video vorspielt?
Google behauptet, dass Google Sie in deren Zukunftswerkstatt zum „Profi im digitalen Marketing“ macht. Dafür können Sie viele Videos (Lektionen) ansehen und Ihr Wissen danach direkt testen. Das macht tatsächlich Spaß und der Aufwand ist nicht besonders groß. Aber kann ich danach damit wirklich im Unternehmen bestehen? Das darf bezweifelt werden.
Weiterbildungsanbieter – Sie werden nicht alle finden
Wenn Sie sich für eine längere Weiterbildung interessieren, führt der Weg oftmals über „KURSNET“ oder „mein NOW“. Hier fängt das Drama dann schon an. Es gibt zu viele Angebote. Beispiel: Die Suche nach „Online-Marketing“ in KURSNET liefert ungefiltert über 1 Million Ergebnisse. Super.
In den Ergebnissen tauchen Namen wie „COMCAVE.COLLEGE“, „karriere tutor“, „OneCareer“ oder auch „IU Akademie“ sehr prominent auf. Kleinere Anbieter sind hier schwer bis gar nicht zu finden. Aber ist Größe oder die Menge an Weiterbildungen ein Auswahlkriterium? Ich denke nicht. Es sollte vielmehr um Inhalte, Qualität und tatsächlicher Unterrichtsform gehen. Hier liegt der Hund begraben.
Vollmundige Versprechen oder verklausuliertes Alleinlassen?
„Die Studierenden arbeiten sich in rechtliche Aspekte ein“ – Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Sie sich völlig autark, also alleine, dem Stoff annehmen und selbstständig lernen. Ohne, dass hier jemand helfen würde. Klingt also doch nicht so toll, oder?
„Verschiedene Aspekte des XYZ in der Praxis kennenzulernen“ – Kennenlernen ist nicht lernen oder erlernen. Das geht auch wunderbar ohne Aufsicht.
Soundsoviele „ECTS-Punkte Äquivalent bei Anrechnung an der“ eigenen Hochschule oder Fachhochschule. Soll das besonderen Eindruck machen? Haben Sie vor, dort auch danach zu studieren? Zur Erklärung: Ein ECTS-Punkt steht für 25 Echtstunden à 60 Minuten an tatsächlichem Arbeitsaufwand seitens des/der Studierenden.
Beispiel: Die Module an der Wildner Akademie haben immer 44 Tage mit je 9 UE (Unterrichtseinheit, 45 Minuten). Für ein Modul wären in der einfachen Rechnung fast 12 ECTS (11,88) möglich. Klingt das jetzt besser als 396 UE?
Lernen will gelernt sein – und unterrichten natürlich auch! Wenn Sie ihre wertvolle Zeit investieren, dann sollten Sie auch am Ende mit ordentlich Wissen in die Arbeitswelt gehen. Und das nicht nur auf dem Papier. Klar, ein Zertifikat ist toll. Das ist auch wichtig für Bewerbungen. Aber kann das Zertifikat auch aufzeigen, wie gut Sie die Themen wirklich beherrschen? Eher nicht.
Realer Unterricht ist besser
Wenn Sie sich also eine Weiterbildung suchen, sollten Sie sehr genau nachfragen, wie der Tag in der Weiterbildung gestaltet ist. Jeder lernt anders, das mag sein. Aber gemeinsam lernt sich besser. Einfach, weil es dann wahrscheinlich Menschen gibt, die genau die Frage stellen, die Sie sich vielleicht nicht getraut haben zu fragen. Oder Fragen stellen, an die Sie gar nicht gedacht haben, und doch merken, dass sie wertvoll und wichtig sind. In der Gruppe ist es keine Einbahnstraße. Learning by doing.
Aber mit Videos, Tutorials und Checklisten arbeiten Sie alleine vor sich hin. Spaß geht eher anders. Alleine ist die Motivation schnell im Tiefflug. Und Sie erfahren mit dem vorgefertigten Material nur das, was Ihnen vorgesetzt wird. Und hier wird gerne einen großen Bogen um komplexe Themen gemacht. Das hat selten Platz. Wenn Sie hängen bleiben, bleibt alleine nur Google übrig – und dafür besuchen Sie doch keine Weiterbildung!
Wenn Sie Fragen in einer Gruppe stellen können, lautet die erste Antwort eventuell „Es kommt darauf an“, und in Folge entsteht eine rege Diskussion über die zahlreichen Möglichkeiten, über die diversen Vorteile, oder auch über die fehlenden Teile der Frage, um eine genauere Antwort geben zu können. Und bei Aufgaben können Sie jederzeit nachhaken, nachfragen, sich schnell helfen lassen. Sie müssen nicht warten, bis eine kurze Gesprächsrunde mit einer Fachkraft angesetzt ist. Das ist ein großer Unterschied.
Kern einer guten Weiterbildung sind zahlreiche Übungen, Besprechungen der Ergebnisse. Wiederholungen. Auf einzelne Personen eingehen. Die Gruppe motivieren. Anfangs einfache Aufgaben stellen, später komplexere und aufwändigere Aufgaben bewältigen. Alles kumuliert in einer abschließenden Projektarbeit. Am Ende haben Sie dann auch ein reales Ergebnis, das Sie vorteilhaft in Bewerbungen vorzeigen können. Und Sie gehen aus der Weiterbildung mit einer neuen Sicherheit. Weil Sie die Themen verstehen, beherrschen und ihr Wissen für Ihren neuen Job nutzen können.
Wie finde ich den passenden Anbieter für meine Weiterbildung?
Die Websites der Anbieter sind meistens geeignet, um Inhalte, Termine und Rahmenbedingungen nachzulesen. Über die eigentliche Qualität aber lässt sich nichts Unabhängiges erfahren. Die Homepage ist ein Aushängeschild. Also eher Werbung. Aber das ist schließlich legitim.
Also muss man sich anders informieren. Immerhin kann man die Google Bewertungen ansehen. Das ist aber auch nicht ganz einfach. Viele große Unternehmen haben die Bewertungen aufgeteilt nach Standort, obwohl heute meistens alles online, also ortsunabhängig stattfindet. Daher sollte man sich nicht mit nur einer Stadt begnügen! Machen Sie sich die Mühe, mehrere Standorte in Google Maps zu suchen.
Mein Tipp: Wenn Sie Google Maps aufrufen, zoomen Sie erst mal auf ganz Deutschland, und suchen dann nach einem Anbieter. Dann werden Ihnen alle Standorte deutschlandweit gezeigt. Unter Umständen müssen Sie in der Ergebnisliste runterscrollen, um alle Standorte sehen zu können, da weniger als 20 auf einmal angezeigt werden.
Und lesen Sie sich vor allem die negativen Bewertungen durch. Das kann sehr aufschlussreich sein! Leider werden Sie feststellen, dass es im Verhältnis zu den Teilnehmern und Teilnehmerinnen, die über die ganze Zeit dort eine Weiterbildung oder eine Umschulung absolviert haben, die Anzahl der Bewertungen so gar nicht passt. Es sind viel zu wenig Bewertungen vorhanden. Das liegt aber auch an den jeweiligen Kunden.
Auffällig ist, dass es bei einigen großen Anbietern öfter um das Thema Inhalt & Qualität geht. Und auch um das Problem, dass der echte Austausch mit geschultem Personal zu selten stattfindet. Es wird sich einfach nicht so sehr um die Teilnehmenden gekümmert, wenn die Weiterbildung oder die Umschulung begonnen hat. Aber genau hier sollte doch der so wichtige Input stattfinden! Schade um die Zeit, ärgerlich wegen der sinnlosen Ausgaben. Und am Ende haben Sie vielleicht ein wohlwollendes Zertifikat, haben aber nicht das Gefühl, genügend für den zukünftigen Job gelernt zu haben.
Fragen Sie Bekannte, Verwandte, Freude und eventuell auch in der Agentur für Arbeit oder im Jobcenter: Kennst Du Anbieter XYZ? Ist eine Weiterbildung dort das Richtige für mich? Auch hier werden kleine Anbieter natürlich weniger bekannt sein. Aber einen Versuch ist es wert. Vielleicht gibt es ja eine Empfehlung aus Ihrem Netzwerk.
Googeln Sie nach „Anbieter XYZ Erfahrungen“. Klicken Sie aber nicht auf die Werbung, sondern suchen Sie andere Portale und Webseiten auf.
Zurück zum Anfang: Wollen Sie wirklich den Job?
Am Ende der Reise geht es ja um einen Job! Mit Ihren neuen Fähigkeiten und dem neuen Wissen möchten Sie wieder durchstarten. Und Sie möchten nach der Weiterbildung auch das gute Gefühl haben, die kommenden Aufgaben im Unternehmen zu meistern.
Dann sollten Sie sich auch vorher die notwendige Zeit nehmen, die Qualität des Anbieters zu prüfen, bevor Sie dort Ihren Bildungsgutschein abgeben. Schließlich investieren Sie viel Zeit in diese Weiterbildung. Und es geht um Ihre Zukunft.
➔ Es würde mich freuen, wenn Sie diesen Artikel in Ihrem Freundeskreis, ihrem Bekanntenkreis oder Ihrem Social Media Netzwerk teilen würden. Wir sind zwar nicht David gegen Goliath, aber kämpfen durchaus für die bessere Weiterbildung.
Philip Hoevels, Qualitätsmanagement – Wildner Akademie
TLDR; (to long, didn’t read)
Nehmen Sie sich genügend Zeit für die Suche nach der richtigen Weiterbildung! Und wählen Sie die angebotene Unterrichtsform mit Bedacht aus. Sonst könnten Sie enttäuscht sein und zu wenig lernen.